Liebes Tagebuch,
in der Nacht hörte es tatsächlich auf zu regnen. Es wurde total windig, was ein bisschen gruselig war, aber die stürmischen Böen trockneten mein Zelt komplett. So konnte ich meine Sachen am Morgen trocken verpacken und mich auf die Suche nach Essen und einer Gelegenheit zum Duschen machen.
Wolfgang hatte mir geraten einfach in eins der Fitnessstudios zu gehen. Wenn man sich unauffällig verhielt und ganz selbstverständlich den Duschbereich betritt, fragt einen angeblich erstmal niemand, ob man auch Mitglied ist.
Vor dem Fitnessclub wartete mein kleiner Freund schon wieder auf mich! Wenn das so weiter geht, muss ich mir wirklich einen vernünftigen Namen für den Hund überlegen.
Noch während ich unter der Dusche stand, hörte ich Gekläffe und wütendes Gerede. Der Hund war mir einfach so in den Fitnessclub gefolgt und hatte so lange herumgestöbert, bis er mich in den Duschen gefunden hatte. Unauffällig war das nicht gerade!
Noch im Handtuch versuchte ich den bellenden Hund zu beruhigen. Die Angestellten des Studios glaubten nun natürlich, dass der Hund mir gehören würde. Wir beide wurden - nicht gerade freundlich - vor die Tür gesetzt und als ich anmerkte, dass ich nur ein Handtuch trug, wurden mir meine Klamotten einfach hinterher geworfen. Was für ein fieser Laden. Hier kann und will ich mich jedenfalls nicht mehr blicken lassen.
Der Tag wurde aber etwas besser. Bei einem Sperrmüll fand ich eine Gitarre, die noch ganz in Ordnung war. In der Schule hatte ich ein paar Stunden Musikunterricht und hatte immerhin schon einmal eine Idee wie ich das Instrument halten musste. Sogar an ein paar Akkorde konnte ich mich erinnern. Trotzdem klangen meine ersten Versuche ganz furchtbar. Ganz sicher müsste die Gitarre mal gestimmt werden. Wenn ich fleißig übe, kann ich vielleicht im Park spielen und mir ein bisschen Geld dazu verdienen.
Gegen Abend habe ich mich auf einem Campingplatz eingemietet und durfte aus einer Kühlbox alles essen, was die vorherigen Mieter übrig gelassen hatten. Zwei Nächte darf ich bleiben und muss mir weniger Sorgen um Essen, duschen und alles andere machen. Mal sehen, wie das hier so wird.
Heute habe ich außerdem einen langen Brief an meine Großeltern geschrieben. Wir verstehen uns zwar nicht mehr sehr gut und ich habe auch nicht verraten wo ich jetzt bin, aber ich wollte doch nicht, dass sie sich Sorgen machen. Ich habe sie gebeten mir per Email zu antworten, weil ich ihnen keine Adresse geben will. Bin gespannt, ob sie das hinbekommen.
Bevor ich in mein Zelt kroch übte ich noch ein wenig mit der Gitarre. Bisher hat sich niemand beschwert. Tatsächlich kam sogar ein Mitarbeiter vom Campingplatz und half mir, die Gitarre zu stimmen! Jetzt klingt es schon nicht mehr ganz so furchtbar. Er sagt, ich soll einfach immer weiter üben. Nach ein paar Tagen tun angeblich die Finger auch nicht mehr so weh.
Jetzt muss ich aber aufhören. Ich bin schrecklich müde und es war ein langer Tag...
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