Liebes Tagebuch,
auf dem Campingplatz zu schlafen war wirklich eine Wonne. Keine Angst vor komischen Geräuschen in Nacht und die Möglichkeit jederzeit aufs Klo zu gehen. Es sind diese Selbstverständlichkeiten, die ich früher nicht zu schätzen gewusst habe.
Am Morgen wartete wieder meine flauschige, kleine Freundin auf mich, worüber ich mich sehr freute. Wir spielten eine ganze Weile miteinander und ich dachte über einen guten Namen nach. Leider fiel mir bisher nichts ein. Hast du nicht eine Idee?
Mir ging es wirklich gut, nur der Hunger nagte ziemlich. Glücklicherweise hatte ich gestern nicht alle Fische verkauft und konnte mir einen am Spieß überm Feuer braten. Ein etwas merkwürdiges Frühstück, aber es ist, wie es ist. Bisher habe ich noch keine andere Idee, wie ich vernünftig kochen soll, ohne Geld auszugeben. Sicher kann ich ein paar Äpfel und Birnen pflücken, aber das macht doch nicht richtig satt...
Während ich noch die letzten Fischstückchen im Mund hatte, hörte ich einen Aufruhr am anderen Ende des Campingplatzes. Neugierig ging ich hinüber und bekam einen Riesenschreck. Ein älterer Mann lag am Boden. Er atmete nur noch ganz flach und mir war klar, dass er im Sterben lag.
Noch nie habe ich jemanden sterben sehen. Meine Gefühle übermannten mich und musste schrecklich weinen.
Und dann kam er mir ganz nah - der Sensenmann. Gruselig atmend und seine schwarze Kutte streifte fast über meine Füße. Ich sprang ängstlich zurück. In dem Umhang konnte man kein Gesicht erkennen, nur Dunkelheit und die Sense blitze im Sonnenlicht. Der Sensenmann schien auch nicht zu gehen, sondern in einer schwarzen Rauchwolke zu schweben. Mir wurde ganz kalt. So war das also, wenn der Tod kam.
Keine Ahnung woher ich den Mut nahm, aber plötzlich sprang ich vor und viel vor dem gruseligen, knochigen Sensenmann auf die Knie.
Vielleicht musste ich daran denken, dass meine Großeltern schrecklich weit weg waren und dass sie auch alte Menschen waren. Es tat mir auf einmal leid, dass ich vielleicht nicht dabei sein würde, wenn der Sensenmann meinem alten Zuhause einen Besuch abstattete.
Ich flehte und jammerte, obwohl ich den Mann am Boden gar nicht kannte. Aber es war auf einmal, als würde ich um das Leben meines Großvaters bitten.
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