
Marco war mehr als gefrustet, denn es wollten ihm einfach Antworten zu den Fragen der Klausur nicht einfallen. Während um ihn herum alle fleißig am Kritzeln waren, konnte er sich partout nicht daran erinnern, wie die Antworten auf die gestellten Fragen lauteten.
Entsprechend groß war dann auch sein Frust und er überlegte ernsthaft, ob er nicht besser seinen Stift hinlegen und den Prüfungsbogen abgeben sollte. Es hatte doch keinen Sinn, hier zu sitzen und auf das weiße Blatt Papier zu starren.
Lisa hatte dagegen keine Probleme. Sie nutzte ihren vorlesungsfreien Tag dazu, das neue Buch zu lesen, das ihnen die Professorin empfohlen hatte.
Auch wenn es nicht gerade sehr einfach geschrieben war, fand sie es recht interessant.
Am Abend entspannte sich Marco in seinem Zimmer bei einer Partie Schach. Er hatte heute einfach keine Lust mehr, irgendwas fürs Studium zu lernen. Sowieso war er nach der Klausur, die er an diesem Tag mit Sicherheit verhauen hatte, gefrustet und stellte alles in Frage. Lisa hatte er von seinem Blackout gar nichts erzählt, sondern war einfach in sein Zimmer gegangen, nachdem er ihr nur kurz Hallo gesagt hatte.
Einige Tage hatte sich Marco wieder einigermaßen beruhigt und zumindest wieder angefangen, zu forschen. Ob es allerdings eine gute Idee war, sich selbst darunterzusetzen?
Lisa wusste noch immer nichts über die Sorgen von Marco. Er hatte ihr nichts erzählt und sie hatte nicht nach seiner letzten Klausur gefragt, weil sie selbst so sehr in ihr eigenes Studium vertieft war. Bei ihr lief jedenfalls alles sehr gut.
Am Abend klingelte es an der Tür. Merkwürdig, denn sie erwarteten keinen Besuch. Marco und Lisa saßen gerade beim Abendessen und mürrisch ging Marco zur Tür. Als er diese öffnete, war er erleichtert, dass er und nicht Lisa gegangen war.
Frau Noetal, die Studienberaterin, stand vor der Tür und bat Marco für den nächsten Tag zu einem Gespräch in ihr Büro. Au weia. Das hatte Marco gerade noch gefehlt – aber immerhin hatte Lisa nichts mitbekommen. Es wäre ihm schon etwas unangenehm gewesen. Irgendwann müsste er es zwar ohnehin sagen, dass er wohl für ein Studium nicht geeignet war, doch das wollte er noch etwas hinausschieben…
Dann war es auch schon so weit und die Prüfungsergebnisse des laufenden Semesters wurden bekannt gegeben…
Während es bei Lisa sehr gut gelaufen war, war Marco bei zwei Prüfungen durchgefallen...
Am Abend saß Marco zuhause vor dem Fernseher. Er war schon wieder ganz niedergeschlagen und grübelte darüber nach, ob das alles überhaupt einen Sinn machte mit dem Studieren. Was wollte er eigentlich vom Leben? Welchen Beruf wollte er erlernen?
So richtig wusste Marco das nicht. Sollte er es so machen wie seine große Schwester und Studium einfach Studium sein lassen? Seine Eltern wären bestimmt schön geknickt, wenn nun auch noch das zweite Kind die Universität nicht abschließen würde…
Doch, war das so wichtig? Musste man ein Studium beginnen und einen Abschluss machen, zu dem man eigentlich gar keine Lust hatte, nur um seinen Eltern zu gefallen?
Die Nacht wurde lange, sehr lange für Marco. Immer wieder grübelte er nach, ohne zu einem zufriedenstellenden Ergebnis zu kommen. Das Gespräch bei der Studienberaterin war nicht ganz so schlimm gelaufen, wie er befürchtet hatte. Sie hatte ihm jedenfalls bescheinigt, dass er den richtigen Studienweg gewählt hatte. Nur an seinem Arbeitseifer müsse er arbeiten. Doch so richtig überzeugte ihn auch Frau Noetal nicht…
Am nächsten Tag, Lisa und Marco waren bei ihren Vorlesungen, passierte etwas Unvorhergesehenes.
Obwohl die beiden morgens nur ein Müsli aus dem Kühlschrank genommen hatten und der Herd gar nicht in Betrieb gewesen war, brach genau dort ein Feuer aus.
Gut, dass in Universität-Stadt eine gut ausgebildete Berufsfeuerwehr für diesen Fall bereitstand.
Schon nach wenigen Minuten fuhr ein großes Feuerwehrauto vor das Haus, das die beiden Stark-Kinder gemietet hatten, um nachzusehen, ob der Feueralarm, der in der Zentrale eingegangen war, auch den Tatsachen entsprach.
Der Feuerwehrmann, der als erstes den Brandort betrat, fand eine schon fast komplett in Flammen stehende Küche vor. Es dauerte dementsprechend auch mehrere Stunden bis sie
sich sicher sein konnten, alle Glutnester komplett gelöscht zu haben. Das war eine ziemlich üble Überraschung, als die beiden von der Uni zurückkamen. Alles war verkohlt und stank fürchterlich nach Rauch – da half auch das Lüften nicht.
Die Monate vergingen und schon standen die nächsten Prüfungen an. Marco hatte inzwischen auch Lisa gestanden, dass es um sein Studium nicht allzu gut bestellt war. Obwohl sie selbst auch genug zu lernen hatte, versuchte sie ihn zu unterstützen und ihm zu helfen.
Und so war Marco diesmal sogar so gut, dass er jede Prüfung mit Bravour bestand. Er war froh, dass er nun zumindest einen kleinen Erfolg verbuchten konnte.
Dann war es auch da – das Semesterende. Alle dachten an die Abschlusspartys und niemand verschwendete einen Gedanken ans Lernen oder daran, ob er nun im nächsten Semester erneut antreten musste.
Da kam Lewis auf Lisa zu und lud sie zu einem Date ein. Sie kannte ihn aus einem ihrer Kurse und fand ihn ganz nett – mehr aber auch nicht. Dennoch sagte sie dem Date zu und hoffte, einen schönen Abend verbringen zu können.
Lewis entpuppte sich als echter Partylöwe. Während sie zunächst gemeinsam zu einer Party kamen, war er nämlich plötzlich verschwunden und so ging Lisa irgendwann nach Hause, ohne ihr Date an diesem Abend noch einmal zu Gesicht bekommen zu haben.
Früh am nächsten Morgen wurden die Abschlussnoten vergeben. Da Lisas Studium ohne Probleme verlaufen war, konnte sie tatsächlich ihren Abschluss noch in diesem Semester machen.
Es war schon ein bewegender Moment, als sie ihr Abschlusszeugnis erhielt und somit endlich in ein selbst bestimmtes Leben starten konnte.
Und Marco? Nun ja. Für ihn reichte es in diesem Semester leider nicht mit dem Abschluss. Er hatte sich zwar doch noch zusammengerissen, doch das hatte nun nicht mehr gereicht, um alle erforderlichen Noten und Abschlüsse zu bekommen.
Natürlich war er sehr enttäuscht, denn es war schon komisch, dass seine jüngere Schwester das Abschlusszeugnis erhielt und er leer aus ging…
Trotzdem gratulierte er seiner Schwester natürlich zu ihrem Abschluss in Schöne Künste.
Lisa erhielt daraufhin das akademische Merkmal „Nachdenklich“.
Zuhause angekommen, waren die Eltern und Laura ganz begeistert von den Neuigkeiten, die Lisa brachte. Leider konnte sich Gianna eine Bemerkung in Richtung Marco nicht verkneifen, der darauf natürlich nicht gerade glücklich reagierte.