Sunrise hatte ordentlich Appetit, als sie am nächsten Morgen erwachte. Gut, dass Athena gleich zur Stelle war und ihr Milch gab. Gierig stillte sie ihren Durst und Athena wartete geduldig.
Als sie fertig war, gab Athena ihr einen kleinen Stups und das Fohlen sprang fröhlich davon, um seine Umgebung zu erkunden.
Athena kümmerte sich dann erst einmal um ihren eigenen Hunger.
Isabella war am Nachmittag von der Schule nach Hause gekommen. Sie hatte sich angewöhnt, ihre Hausaufgaben sofort zu machen. Wenn diese erledigt waren, konnte sie sich ganz ihren Vorlieben widmen, ohne ständig weiter an die Schule denken zu müssen.
Leider waren manchmal auch furchtbare Aufgaben dabei, bei denen sie sich den Kopf zerbrach, um endlich auf die Lösung zu kommen. In solchen Momenten hatte sie dann auch keine Lust mehr nach der Schule weiterzumachen und eine Uni zu besuchen.
Isabella hatte es dann doch noch geschafft, die Aufgabe zu lösen, räumte ihre Schulsachen weg und ging nach draußen zu den Pferden, wo sie erst Mal Sunrise striegelte und ihr von ihrem Tag berichtete.
Das Fohlen hörte ihr gespannt zu, während Isabella Sunrise streichelte.
Weil sie so artig war, gab Isabella dem Fohlen noch einen dicken Schmatzer und Sunrise schaute überrascht, was wiederum Isabella zum Lachen brachte.
Chiara hatte diese Szenerie beobachtet, schmunzelte und sah Isabella liebevoll an, als diese ihre Mutter bemerkte. Ob das die passende Gelegenheit war, ihr etwas zu beichten?
Isabella gab sich einen Ruck und fragte sie, ob sie sehr enttäuscht wären, wenn sie es ihrem Bruder Nicola gleichtäte und ebenfalls auf ein Studium verzichtete. Sie wolle Pferdezüchterin werden und vom Verkauf der Tiere leben. So hatte sie sich das zumindest mal vorgestellt.
Irgendwie hatte Chiara es bereits geahnt. Scheinbar war keines ihrer Kinder in Studierlaune. Doch war das schlimm? Es musste schließlich auch Sims geben, die nicht nur akademische Ziele verfolgten. Sie wünschte sich nur, dass ihre Kinder glücklich wurden.
Das sagte sie auch zu Isabella, die erleichtert war, dass sie nicht das tun musste, was Nicola ebenfalls erspart geblieben war.
„Wie hast du dir das genau vorgestellt? Wo möchtest du das machen?“ Sie war neugierig wie weit Isabella ihre Zukunftspläne bereits gemacht hatte.
Isabella fing fröhlich zu erzählen an. Sie wolle dies, wenn möglich, hier in Apaloosa Plains machen, und zwar hier in ihrem Elternhaus. Die Ställe seien schon da und evtl. könne man noch ein oder zwei Boxen dazukaufen. Wenn die Zucht gut anlaufen würde, wolle sie sich vielleicht noch jemanden dazu nehmen, der sie bei der Arbeit unterstützte. Zunächst müsse sie aber eh gucken, ob genügend Interessenten vorhanden wären.
Als sie geendet hatte, sah sie ihre Mutter gespannt an. Chiara fand die Ideen gut und freute sich, dass ihre Tochter nicht wegziehen wollte. Aber bis sie mit der Schule fertig sein würde, wäre ja noch ein wenig Zeit.
In der Nacht lag Chiara in ihrem Bett und schlief tief und fest. Sie ahnte nicht, dass sich ein Besucher zu ihr gesellt hatte und sie genau beobachtete. Wie sie wohl reagiert hätte?
Toby legte sich neben sein schlafendes Frauchen und kuschelte sich an sie.
Chiara wachte auf und konnte sich nicht erklären, weshalb sie erwacht war. Ein komisches Gefühl machte sich in ihrer Magengegend breit, doch sie wusste nicht weshalb. Auch sah sie nicht, dass Tobys Geist zwischenzeitlich eingeschlafen war. Chiara ging in die Küche und machte sich einen Tee. Irgendwie hatte sie das Bedürfnis etwas Warmes zu trinken.
Kurz nachdem sie den Raum verlassen hatte, wachte Toby wieder auf und sah zum Fenster als habe er ein Geräusch gehört? Vielleicht dachte er auch, dass Nicola gleich hereinkommen würde.
Draußen war aber nicht Nicola, sondern Paul, der auch nicht schlafen konnte und sich vor das Haus auf die Treppe gesetzt hatte. Es war eine seltsame Nacht. Eine innere Unruhe hatte ihn nicht schlafen lassen.
Toby freute sich Paul zu sehen und schwebte auf ihn zu. Im Gegensatz zu Chiara konnte Paul den treuen Vierbeiner sehen und begrüßte ihn.
Einer inneren Eingebung folgend, umarmte er das Tier, das kurz darauf jedoch wieder verschwand.
Paul hörte Hufe auf den Steinen und drehte sich um. Nanu, was war das nun wieder? Täuschte er sich oder hatte dieses Wildpferd ein Horn auf der Stirn?
Verwundert rieb Paul seinen Nacken. Er musste eingeschlafen sein. Wie sonst konnte man diese ganzen Erscheinungen in dieser Nacht erklären?
„Du bist nicht echt, geh weg und lass mich in Ruhe!“ Paul hob abwehrend die Hände vor seinen Körper, doch sein Gegenüber blieb ruhig und kam noch einen Schritt näher auf ihn zu.
Paul spürte plötzlich einen stechenden Schmerz in der Stirn. War er verrückt geworden? Er schloss die Augen, während er für einen kurzen Moment innehielt.
Das tat gut. So langsam wurde er wieder ruhiger und zog die kühle Nachtluft ein. Doch es mischte sich ein weiterer Geruch hinzu. Als er zudem auch noch sanft angestupst wurde, öffnete er seine Augen wieder und sah sich direkt diesem mystischen Geschöpf gegenüber.
Nein, er war nicht verrückt. Er streckte seine Hand nach vorne aus und berührte vorsichtig das Einhorn, das diese Berührung ruhig zuließ. Sanft lächelte Paul das Tier an. Unglaublich was er heute Nacht erlebte. Niemand würde ihm glauben, wenn er das erzählen würde.
Paul sah dem Einhorn noch eine Weile zu. Er bemerkte fasziniert, dass sich ein Regenbogen über dessen Kopf bildete, sobald es zu trinken begann. Leise zog er sich ins Haus zurück, um noch eine Mütze voll Schlaf zu nehmen, bevor der Morgen anbrach und es Zeit würde die Pferde zu versorgen.