Alessandro hatte sich schon gut in seinem Wohnheim eingelebt. Er versuchte fleißig seine Aufgaben zu erledigen, denn er wusste, dass er es ohne Einsatz nicht zu einem Abschluss bringen würde. Das Wohnheim war zum Lernen aber recht ungünstig. In den Gruppenräumen war immer sehr viel los, so dass er sich nicht recht konzentrieren konnte. Dann zog er sich meist in sein Zimmer oder in die Bibliothek zurück.
Doch obwohl er es sich nicht leisten konnte, die knappe Zeit anderweitig zu nutzen, konnte Alessandro den vielen Einladungen nicht widerstehen, die ihm nach und nach zugetragen wurden. So fand er sich eines Abends auf einer Party wieder, wo reichlich Bier aus einem Fass getrunken wurde und eine betagte Studentin mit der Gitarre spielte.
Als er einen Mitstudenten sah, der zum Hinterausgang ging, wurde er neugierig. Er folgte ihm nach kurzem Zögern und war gespannt was ihn dort draußen erwarten würde.
Jemand hatte ein riesiges Lagerfeuer gemacht und mehrere Studenten standen darum herum, wärmten sich die Hände oder schauten einfach nur in die Flammen.
Alessandro fiel das Mädchen mit den lila Haaren wieder auf. Danka, wenn er sich recht erinnern konnte, und sprach sie an. Argwöhnisch wurde er hierbei von einem Mädchen beobachtet.
Danka und Alessandro unterhielten sich eine geraume Zeit und er fand sie immer sympathischer. Vielleicht konnte er sie für sich gewinnen. Er wollte sie unbedingt besser kennenlernen.
Die nächsten Wochen wurden ungemütlich. Es regnete tagein tagaus. Vom goldenen Herbst war nichts zu sehen und so eilten die Studenten so gut es ging durch die Straßen, damit ihre Bücher nicht nass wurden.
Alessandro, der in Sunlit Tides aufgewachsen war, kannte solch einen Dauerregen nicht. Zunächst fand er es schön, doch schon bald ging es ihm wie allen anderen auf die Nerven. Das Leben außerhalb der Gebäude war nämlich praktisch zum Erliegen gekommen. Partys wurden nur noch in den Häusern gefeiert.
Doch eigentlich war es ohnehin besser für ihn auf die ständigen Partygänge zu verzichten. Bald standen die Prüfungen ins Haus und er erkannte, dass er noch einiges nachholen musste, um diese erfolgreich hinter sich zu bringen.
Für ihn so untypisch lernte er nun jeden Abend und hoffte, dass die Einsicht nicht zu spät gekommen war. Wie könnte er sonst seinem Vater unter die Augen treten. Bei dem Gedanken verzog er das Gesicht.
Als er am nächsten Morgen in die Küche des Wohnheimes kam, kam ihm das blanke Entsetzen. Es sah einfach widerlich aus. Seine Mitbewohner hatten die Küche in einen Saustall verwandelt. Obwohl er es genossen hatte, sein Elternhaus zu verlassen, überkam ihn nun der Wunsch in das saubere Heim zurückzukehren und das leckere Essen seiner Mutter genießen zu können. An diesem Tag ging er jedenfalls ohne Frühstück aus dem Haus…
Mit knurrendem Magen und hundemüde, weil er die ganze Nacht gelernt hatte, saß er im Vorleseraum der Universität und versuchte krampfhaft die Augen offen zu halten, während sie auf den Professor warten mussten, der sich wie meistens verspätete.
Leider gewann die Müdigkeit die Oberhand und Alessandro nickte ein. Als er die Stimme des Professors hörte, schrak er jedoch auf. Mann, das war vielleicht peinlich… Glücklicherweise sprach dieser ihn nicht darauf an.
Alessandro versuchte nun besser aufzupassen und machte sich eifrig Notizen, während nun seine Nebensitzerin ins Reich der Träume abtauchte.
Dem Vortragenden machte das offenbar jedoch nichts aus – was sollte es auch? Er musste keine Prüfungen mehr schreiben. Alessandro war froh als die Vorlesungen für den Tag vorbei waren und er im Wohnheim eine Mütze voll Schlaf nehmen konnte.