
Lisa hatte einen neuen Werkstoff für sich entdeckt. Sie bearbeitete gerade einen riesigen Holzblock mit Hammer und Meißel und war völlig in Gedanken. Es war Wochenende und das bedeutete, dass sie sich ganz ihrer Kunst hingeben konnte. Da war es ihr auch vollkommen egal, wenn ihre Klassenkameraden Party feierten. Dazu hätte sie bestimmt noch genügend Zeit.
Als sie keine Lust mehr auf ihren „Holzklotz“ hatte, ging sie hinüber zu ihrer Staffelei. Dieser Raum war ihr wahrgewordener Traum. In jeder Ecke stand etwas, an dem sie sich anderweitig künstlerisch betätigen konnte. Wer konnte das schon von sich behaupten. Dafür war sie ihren Eltern auch unglaublich dankbar.
Ja, sie konnte sich tatsächlich glücklich schätzen, denn dadurch wusste sie bereits genau, welchen beruflichen Weg sie wählen wollte. Nur zweifelte sie stark daran, dass sie hier in Sunset Valley als Künstlerin eine Chance hatte.
Doch das kümmerte sie zunächst nicht weiter. Viel wichtiger war ihr, ihre Fähigkeiten weiter auszubauen. Dazu würde sie auch noch den einen oder anderen Kurs besuchen. Vielleicht auch von namhaften Künstlern, die ab und zu spezielle Kurse gaben.
Laura hatte zur gleichen Zeit ein Date. Sie hatte einen Anruf bekommen, von Mortimer Grusel, der sich mit ihr treffen wollte. Laura war überrascht, denn bisher hatten sie noch nicht allzu viel miteinander zu tun gehabt.
Sie hatte dem Date zugestimmt und war zum gemeinsamen Treffpunkt aufgebrochen.
Was dann kam, konnte sie jedoch nicht ahnen. Mortimer zeigte plötzlich eine andere Seite. Er fing – völlig ohne Grund – an, Laura anzuschreien. Sie war von der Heftigkeit überrumpelt und konnte sich seinen Ausbruch nicht erklären.
Als sie ihn fragte, was sein Problem sei, rastete er nur noch mehr aus und Laura bekam es mit der Angst zu tun. Was, wenn sie dieser Typ hier zusammenschlug. Der hatte sie doch nicht mehr alle.
Laura erwiderte nur kurz, dass er sich das Date an den Hut stecken könne und machte schnell, dass sie von diesem einsamen Ort wegkam. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Was ging nur in dem Kopf von Mortimer vor. Sie schwor sich, so schnell nicht mehr auf irgendwelche Verabredungen einzugehen.
Lisa hatte sich doch nochmal ihrem Stück Holz zugewendet und es entstand ein Regal, das sie zunächst in eines der anderen Zimmer stellte. Sie wusste noch nicht, ob sie es verkaufen sollte oder aufheben, wenn sie denn mal ausziehen würde. Doch bis dahin würde wohl noch einige Zeit vergehen.
Marco hatte ebenfalls eine Verabredung, die allerdings sehr viel erfreulicher verlief als die von Laura. Maritza Holzschuh war ein sehr liebes Mädchen, das in seine Klasse ging und schon seit Monaten in Marco verschossen war. Das hatte er zwar nie mitbekommen, aber
vor kurzem hatte sich Maritza überwunden und ihn gebeten, sich doch mit ihr zu verabreden.
Marco unterhielt sich sehr lange mit ihr und so bemerkten sie gar nicht, dass es allmählich dunkel wurde. Obwohl die Unterhaltung zwischen den beiden recht gut lief und sie sich gut verstanden, sprang der berühmte Funke nicht über.
Das bemerkten beide schließlich und Maritza fand es letztendlich auch in Ordnung, dass aus ihnen nie ein Liebespaar werden würde. Tja, die Liebe konnte man einfach nicht
erzwingen. Die beiden verabredeten sich jedoch für weitere nette Unternehmungen und wurden richtig gute Freunde.
Lisa bekam Ärger, als sie von ihrer Mutter dabei erwischt wurde, als sie das Haus verlassen wollte. „Sag‘ mal, wo willst du denn um diese Uhrzeit noch hin?“ Gianna konnte es nicht fassen, dass sich ihre jüngste Tochter davonstehlen wollte.
Als Lisa ihr auch noch erklärte, dass sie unbedingt zum Schrottplatz wollte, um ein paar Teile für ihre Kunstprojekte zu holen, wurde Gianna noch wütender. Ausgerechnet in dieser Gegend, wo sich nur Gesindel herumtrieb! Es war schon tagsüber nicht die beste Gegend und man sollte sich nicht allzu lange dort aufhalten, aber nachts!? Sie schickte Lisa zurück ins Haus.
Lisa grummelte vor sich hin. Ohne die Teile konnte sie heute unmöglich diese eine Skulptur fertig machen, also konnte sie auch gleich ins Bett gehen. Paah. Sie hatte es so satt immer bevormundet zu werden. Sie versprach sich, nach der Schule so schnell wie nur möglich das Haus für immer zu verlassen. Dann konnte sie endlich tun was und wann immer sie wollte.
Mit diesem Gedanken an eine „rosigere“ Zukunft schlief Lisa ein. Vielleicht würde ihr Vater sie am nächsten Tag zum Schrottplatz begleiten…