Jordan nutzte die Zeit, um sich mit der Installation eines Autopiloten für das Hausboot auseinanderzusetzen. Eigentlich hatte er das schon länger geplant, aber wegen seines Jobs als Rettungsschwimmer bisher nicht die passende Gelegenheit dazu gefunden. Mit Autopiloten wären sie vermutlich schon am Ziel angekommen, da sie sich dadurch die Fahrtpause in der Nacht hätten sparen können. Nochmal wollte er keine kostbare Zeit verschwenden.
Da er noch nicht ausreichend geschickliches Knowhow besaß, um diesen direkt einzubauen, eignete er sich erst einmal mehr Theoriewissen mithilfe entsprechender Fachbücher an.
Dafür las er entspannt auf dem Sonnendeck.
So hatte er auch das Wasser im Blick und würde es direkt mitkriegen, wenn seine Schwester wieder auftauchte.
***
Es war ein langer dunkler Höhlengang, durch den sich Latifa bewegte. Hier und da sah sie es auf dem Boden glitzern. Doch als sie nach den Objekten griff, stellte sich heraus, dass es alte Dosen waren. Wertlose Gegenstände. Tiefer und tiefer schwamm sie und erkundete die Höhlengänge. Die ein oder andere Muschel fand sie, bis sie irgendwann in der Ferne ein helles Licht ausmachte. Ein Ausgang! Mit raschen Bewegungen schwamm sie darauf zu.
Am Ende begrüßte sie ein überwältigender Anblick. Vor ihr lag eine Ruine in einem atemberaubenden Korallenriff.
Auf dem Grund des Ozeans inmitten des Riffs konnte sie eine alte Truhe ausmachen. Bevor sie diese jedoch näher begutachtete, prüfte sie die Umgebung erst noch auf andere Kostbarkeiten. Sie konnte nichts weiter Interessantes finden.
Sowas habe ich gesucht! Wollen wir mal sehen, was hier Schönes aufbewahrt wird.
Mit all ihrer Kraft versuchte sie die Truhe aufzustemmen. Erst glaubte sie, es nicht allein zu schaffen und wollte den Versuch schon aufgeben.
Doch dann spürte sie, wie sich etwas löste und mit einem weiteren kräftigen Ruck stemmte sie den Deckel hoch.
Die Mühe zahlte sich aus. Latifa konnte sich am Anblick der funkelnden Reichtümer kaum sattsehen.
Sie stopfte so viel sie tragen konnte in ihre Taschen und schloss die Truhe wieder. Sobald sie auf dem Hausboot war, würde sie Inventur machen. Aber erstmal galt es sicher wieder zurück zum Hausboot zu gelangen.
Sie drehte sich herum und bewunderte noch den ein oder anderen Meeresbewohner am Meeresgrund.
Da machte sich plötzlich ein mulmiges Gefühl bei ihr breit.
Sie fühlte sich beobachtet. Vorsichtig stieß sie sich vom Meeresboden ab und versuchte sich ohne ruckartige Bewegungen umzublicken.
Sie war nicht mehr allein. Ein neugieriger Hai umkreiste sie und kam ihr dabei langsam näher und näher, bis sie sogar den Wasserdruck auf ihrer Haut spürte.
Okay, jetzt schön ruhig bleiben. Latifa besann sich, was genau jetzt am besten zu tun war.
Schön im Auge behalten ... ich habe keine Angst vor dir, Freundchen!
Latifa ließ den Hai nicht mehr aus den Augen und drehte sich mit dem Körper in seine Richtung. Mit den Füßen versuchte sie möglichst wenig zu paddeln, um sich so wenig wie möglich zu bewegen.
Auch wenn sich ihre Angst in Grenzen hielt, wusste sie doch, dass Haie selten einfach angriffen, hatte sie ordentlichen Respekt vor dem majestätischen Fisch.
Nur weil sie selten angriffen, hieß das nicht, dass man leichtsinnig werden durfte.
Die Runden wurden wieder größer und dann wandte sich der Hai komplett von ihr ab und verschwand in den Tiefen des Ozeans.
Was für eine Tauchtour. Adrenalin pur und einen Schatz hatte sie auch geborgen.
Jetzt aber schnell wieder zurück zum Boot!, dachte Latifa und machte sich auf den Rückweg. Sie schwamm wieder in den Tunnel, paddelte kräftig, um so schnell wie möglich voranzukommen und verließ diesen einige Minuten später wieder.
Mittlerweile glaubte Latifa tatsächlich, dass sie sich die riesigen Tentakel nur eingebildet hatte.
Langsam tauchte Latifa wieder auf. Es dämmerte bereits, als sie die Wasseroberfläche in der Nähe des Hausbootes durchbrach.
Zufrieden schwamm sie die letzten paar Meter zur Bordleiter.
„Komm, lass mich dir helfen“, begrüßte Jordan sie und reichte ihr die Hand.
„Danke!“ An Board entledigte sich Latifa direkt ihrer Tauchausrüstung und huschte nach drinnen, um ihre Ausbeute auf dem Tisch auszubreiten.
Neben insgesamt 2.000 Goldmünzen hatte sie Silber, zwei riesige Edelsteine und ein wunderschönes Muschelhorn gefunden.
“Das war aber noch nicht alles. Schau mal ... in der Schatztruhe am Meeresgrund habe ich auch noch das hier gefunden“ Latifa wedelte mit einem Fetzen Papier vor dem Gesicht ihres Bruders herum.
„Was ist das?“
„Ein Kartenstück. Jetzt müssen wir nur noch den Rest davon finden.“
„Wie wahrscheinlich ist es die restlichen Kartenstücke zu finden? Das ist doch wie die Nadel im Heuhaufen suchen, oder?“
„Wie konnte ich bloß vergessen ... Jordan, der ewige Optimist. Ein Wunder, dass du so überzeugt davon bist, dass wir das Paradies auf jeden Fall finden werden.“
Latifa lachte herzlich, während Jordan pikiert dreinblickte.
„Jetzt sei doch nicht wieder solch ein Griesgram!“
Nachdem er sich von dem Schlag in seine Richtung erholt hatte, stimmte Jordan schließlich auch ins Lachen mit ein.
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